Da muss ich mich doch glatt auch mal an der sogenannten “Jagd auf (Ex-)Dr. Guttenberg” beteiligen. Ist sicher nicht schön, wenn man so viel Kritik einstecken muss. Aber wenn man sich mal ein wenig näher mit der Frage nach der Berechtigung für Kritik beschäftigt, trocknen die Mitleidstränen recht schnell wieder.
So setzte er sich zum Beispiel für die umstrittene Neuregelung des BKA-Gesetz ein, also die Bildung einer Superpolizei und den Einsatz des Bundestrojaner zum Freien Zugriff auf die Rechner von Ottonormalbürgern. Natürlich im Namen der Terrorabwehr, denn schließlich sterben jede Woche auf deutschen Straßen Hunderte Menschen durch Anschläge, da muss man endlich etwas unternehmen, bevor wir aussterben. Nicht nur seine Frau, sondern auch er selbst benutzt auch gerne das Totschlagargument Kinderpornographie, um eine Zensurinfrastruktur für das Internet aufzubauen. Er geht dabei ganz parteikonform nicht im geringsten auf berechtigte differenzierte Kritik ein, sondern versucht einfach Kritiker argumentatorisch in die Nähe zu Kinderschändern zu rücken.
Und als Horst Köhler damals aus Versehen einmal die Wahrheit aussprach, und deswegen gehen musste, pflichtete ihm Guttenberg tatsächlich bei – für ihn jedoch ohne Konsequenzen. Militärische Einsätze mit wirtschaftlichen Interessen zu begründen, ist wenigstens ehrlich, aber leider vom Grundgesetz verboten – wobei das eventuell inzwischen durch den Vertrag von Lissabon neu geregelt wurde, da bin ich jetzt kein Experte.
Zum Plagiatsthema selbst hat Guttenberg eigentlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte – und damit meine ich noch nicht einmal seine Doktorarbeit. Hier ist mal eine chronologische Zusammenfassung seiner ständig wechselnden Standpunkte. Da steht er sozusagen mit vollem Mund kauend in der Küche, das Keksglas in der Hand, Krümel auf dem Nachhemd, und antwortet auf die Frage von Mutti, ob er heimlich naschen würde: “Das ist doch eine abstruse Idee! Ich kann höchstens geringfügige zahnputztechnische Mängel einräumen, die aber noch zu überprüfen sind…”. Während er sich jede Zeit der Welt erbittet, um sich neue Ausreden einfallen zu lassen, gönnt er seinen Untergeben im Zweifelsfall nicht einmal eine Untersuchung, so wie dem Kapitän der Gorch Fock.
Da kann ich also nur resümieren, dass nicht die Kritik an diesem Mann ins Unerträgliche abrutscht, sondern die medial inszenierte Tränendrüsenaktion zu seiner Verteidigung. Sie zeigt deutlich, dass zu jedem Zeitpunkt von und über ihn mit zweierlei Maß gemessen wird. Mir ist es eigentlich völlig wurscht, ob er weiter Kriegsminister bleibt oder nicht – es kann bei der derzeitigen Mannschaft eh niemand nachrücken, der vertrauenswürdiger wäre. Aber es tut dennoch sehr gut, ihm seine eigene gut geölte Moralkeule ein paar mal kräftig um die Ohren schlagen zu können.