Die Lösung für schlechte Wahlergebnisse

Ich habe hier ja gelegentlich Wahlergebnisse ungeschönt präsentiert, also ohne die Nichtwähler zu verschweigen. Damit bin ich ja bei weitem nicht alleine, und das daraus resultierende unschöne Bild konnten unsere werten Poliker ja auch nicht tatenlos hinnehmen. Also wie sieht die Lösung aus? Wird jetzt etwa tatsächlich ein wenig mehr Politik für die Randgruppe Nichtmillionäre gemacht? Weit gefehlt – man verkompliziert einfach das Wahlsystem, damit man es nicht mehr so deutlich sieht.

Für die jüngsten Wahlen, zur Bürgerschaft in Hamburg 2011, hat man ein System entworfen, bei dem man nun statt einer fünf Stimmen frei verteilen kann. Ob das nun wirklich die Mitbestimmungsmöglichkeiten erhöht oder nicht, kann man gerne diskuttieren, aber auf jeden Fall erschwert es den Vergleich zu früheren Ergebnissen. Treffenderweise wird im vorläufigen amtlichen Endergebnis auch angegeben:

Da auf Grund der Wahlrechtsänderung die Wählerinnen und Wähler bei der Bürgerschaftswahl 2011 bis zu 5 Stimmen vergeben konnten, ist ein Vergleich der absoluten Zahlen mit der Bürgerschaftswahl 2008 nicht sinnvoll; auf die entsprechenden Angaben 2008 wird daher verzichtet.

Um es dennoch mit dem amtlichen Endergebnis 2008 vergleichen zu können, habe ich einfach mal folgende Rechenformel verwendet: die Stimmen pro Partei geteilt durch die durchschnittliche Stimmenzahl pro Stimmzettel (~4,78). Das dürfte so einigermaßen stimmig die Wähler den Parteien zuordnen. Auch wenn Roberto zu etwas anderen Zahlen kommt, meine sehen wie folgt aus.

Man kann sehen, die stärksten Zuwächse verzeichnet mal wieder das Heer der Unwilligen, es nähert sich der (echten) absoluten Mehrheit. Über 80000 Menschen haben sich der SPD zugewandt – wir können wohl in den nächsten Jahren sehen, ob die entgegen ihrer Tradition diesmal irgend etwas besser machen als “die anderen”. Und während die Grünen unverständlicherweise sogar noch gestärkt aus dem Ausverkauf jeglicher vorgeblicher Werte hervorgehen, sackt die CDU völlig in sich zusammen. Deutlich über die Hälfte ihrer ehemaligen Anhängerschaft wendet sich ab.

Was ich sehr schade finde: obwohl (mir jedenfalls) klar ist, dass es sich im Wesentlichen nur um Seiteneffekte der Ablehnung gegenüber der CDU handelt, feiert sich die SPD ausgiebig. Sie ist mit einem Wahlprogramm des “Wir haben alles richtig gemacht” angetreten und der in die Ecke gedrängte Wähler verschafft ihnen die Sitzmehrheit im Parlament. Obwohl drei von vier das eigentlich gar nicht wollten, aber – und da laufe ich nicht nur Gefahr, mich zu wiederholen – wer den Hintern zu Wahl nicht mal hoch kriegt, kann auch danach gerne mal die Klappe halten.

Ihr möchtet andere Politik? Warum lasst ihr euch dann von denen, deren Politik ihr partout nicht mehr sehen könnt, sagen, dass die Politik der anderen falsch und gefährlich ist? Warum glaubt ihr den medialen Handlangern der Bänker, dass z.B. die Linkspartei uns in den finanziellen Ruin treiben würde, während ihr gleichzeitig duldet, dass die neoliberale Soße genau dies aktiv (und nicht nur passiv) fördert? Warum lasst ihr euch von erwiesenen Lügnern erzählen, dass die anderen nicht die Wahrheit sagen? Oder was wäre denn so schlimm daran, wenn einer aus dem halben Dutzend kleinen Krauter plötzlich (sagen wir mal) 20% der Stimmen erhält? Könnten die wirklich mehr kaputt machen als diejenigen, die immer und immer wieder beweisen, dass sie in dieser Disziplin reichlich Erfahrung haben? Nur, weil ihr ein mal aus Versehen Schillisauce mit braunen Plocken ausprobiert habt, müssen die anderen nicht automatisch genau so widerlich sein.

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