Offene Mail an das Deutschlandradio

Mich stört ja schon sehr lange ein bestimmter Kampfbegriff des neoliberalen Neusprech. Nun ja, genauer gesagt sind das schon mehrere, aber mir geht insbesondere dann die Hutschnur hoch, wenn mal wieder von den “Sozial Schwachen” die Rede ist. Als ich nun diesen Artikel auf dradio.de las, konnte ich nicht widerstehen, und schrieb ihnen folgende Mail. Ich glaube nämlich nicht, dass Ulrich Schneider diesen Begriff verwendet.

Sehr geehrte Redaktion,

ich beziehe mich auf Ihr Interview mit Ulrich Schneider in folgendem Artikel:

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/tacheles/1457228/

Dazu möchte ich anmerken, dass ich den Begriff “Sozial Schwache” insbesondere in Verbindung mit dem Wort “Millionenheer” für sehr unangebracht halte.

Dieser Begriff ist eine Herabwürdigung für Menschen ohne oder mit unterdurchschnittlichem Einkommen. Er wurde von neoliberalen Thinktanks kreiert, um bereits im Vorfeld jeglicher Debatte um einkommensschwache Menschen die Gedanken in die gewünschte Richtung zu beeinflussen, nämlich das solche Menschen grundsätzlich auch soziale Probleme haben.

Ich bitte Sie, in Zukunft eine andere Wortwahl zu treffen.

Mit freundlichen Grüßen,
Stefan Eckhardt

Ich gehe einfach mal davon aus, dass das schlichtweg ignoriert wird – wer wettet dagegen? :)

3 Gedanken zu “Offene Mail an das Deutschlandradio

  1. “Helena Fürst – Anwältin der Armen” auf RTL. Warum finde ich das so zutiefst entwürdigend? Und da frage ich mich natürlich, ob der Name der Anwältin echt ist, oder nur eine weitere Verhöhnung – ich werd’s bestimmt nicht anhand der Sendung überprüfen.
    Keine Klassengesellschaft? Wirklich nicht?

  2. Ich wette aus Prinzip nicht, hoffe für den von mir hoch geschätzten Sender jedoch, dass Deine berechtigte Mail wenigstens aufgenommen wird, falls nicht doch beantwortet.
    Es schadet keinesfalls, immer wieder auch qua Beruf vermeintlich sprachsensiblere Zeitgenoss_innen auf gedankenlosen Sprachgebrauch hinzuweisen. Das Beispiel “Döner-Morde” hat dies kürzlich ja bereits gezeigt…

    • Es gab tatsächlich eine Antwort, nicht lange nach dem Abschicken. Doch diese war nicht sonderlich zufriedenstellend – darin hat sich der Herr Egbert Meyer sehr an dem Begriff “Millionenheer” festgebissen (den er sehr harmlos fand, auch im verwendeten Zusammenhang) und verlangte von mir einen Nachweis, dass der Begriff “Sozial Schwache” von einem neoliberalen Thinktank stammt.

      Den Nachweis kann ich natürlich nicht liefern, und die früheste Verwendung, die ich finden konnte, war von einem Politikforscher in einem Print-Spiegel von 1976 als Kommentar zur Wahl von 72. Ich hatte sogar schon angefangen, eine Antwort zu formulieren, aber das hatte sich dann einige Zeit hinaus gezögert und dann habe ich es ganz verworfen. Schließlich hatte ich nicht den Eindruck, dass ihn dieser meiner Meinung nach widerliche Begriff sonderlich stören würde, egal, was ich dazu sagen könnte.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>