Noch nicht mal auf dem Markt, hat er schon seinen Meister gefunden: den Weißwurscht-Trojaner! Ja, die Realität der bayerischen Variante lässt selbst kühne Vermutungen über die Zukunft des Bundestrojaners wie Kindergeburtstag aussehen.
Während Schäuble (noch) von einer Hand voll Anwendungen in schwersten Fällen von Kriminalität und Terror spricht, geht es in Bayern ab dem 1. August gleich richtig zur Sache. Dort reicht als Kriterium eine “dringende Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person“. Also könnte nach dieser laschen Definition schon Körperverletzung ausreichenden Anlass bieten, auch wenn derzeit “nur” von Terror, Mord, Raub und Kinderpornografie die Rede ist.
Gleichzeitig wird die Unverletzlichkeit der Wohnung komplett ausgehebelt. Die Polizei und der Verfassungsschutz dürfen zum Installieren des Bayerntrojaners einfach so nach Gutdünken in die Wohnung des potentiellen Täters eindringen. Im Gegensatz zur klassischen Wohnungsdurchsuchung natürlich bevorzugt dann, wenn niemand daheim ist. Und, als ob das nicht schon reicht, dürfen sie dann nicht nur in den persönlichen Daten herumschnüffeln, sondern sie auch verändern und löschen. Dazu kommt noch, dass in Deutschland alles, was bei Durchsuchungen gefunden wird, auch strafrechtlich weiter verfolgt werden kann – beispielsweise Urheberrechtsverletzungen, obwohl diese gar nicht das ursprüngliche Fahndungsziel darstellten.
Wer jetzt meint, das trifft doch eh nur Verbrecher, die in solch schweren Tatverdacht geraten, der sollte demnächst aufpassen, was er bei Google sucht. Und natürlich gilt auch besondere Vorsicht bei den Einkäufen. Bastelhobbys können einen durchaus auch mal in Schwierigkeiten bringen. Oder vielleicht hat man einfach das Pech, den falschen Namen zu besitzen, wie dieser fünfjährige(!) Junge, der vom Geheimdienst zum Risiko für die nationale Sicherheit erklärt wurde (hierzu noch eine sehr passende Karrikatur). Weitere Terror-Risikogruppen sind Nackte, Besitzer von kappenlosen Textmarkern, Besitzer von Regenhosen, Fans von Comic-Robotern, Regenwaldschützer, Fotografierende Fährenbenutzer oder auch Rasierapparat-Käufer.
So, und das Dickste kommt noch zum Schluss: ich halte diesen Vorstoß für eine Farce. Der Bayerntrojaner wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Bundesverfassungsgericht wieder ausgehebelt, die ja bereits bei der schwächeren Variante starke Bedenken geäußert haben. Dann wird plötzlich der Bundestrojaner flott durch die Instanzen gewinkt und von Politikern und Medien mit Lob überschüttet – der ist ja sooo viel besser, was den Datenschutz angeht. Und er ist ja so eine vernünftige und absolut notwendige Maßnahme, dass man nur noch jauchzen kann angesichts der vielen Verbrechen, die zukünftig verhindert werden. Oder, um es mit Kalkofes Worten auszudrücken: “Geschafft! Wir sind blöd!”.
UPDATE: hier ein kleiner Hinweis für alle, die noch an die guten Absichten der Obrigkeit glauben. Auch schon die bestehenden Gesetze, die angeblich zur Terrorismusbekämpfung geschaffen wurden, werden kräftig missbraucht. Der Kommentar von Ströbele, dass die richterliche Kontrolle so gut funktioniere, ist für diejenigen, die monatelang rechtswidrig von den staatlichen Organen schikaniert wurden, sicher sehr beruhigend.