Raserspiele verbieten!

Wir sind schon fast so weit. Es wäre ja auch zu schade, wenn Videospiele nur für Gewalt und schlechte Zähne verantwortlich sind. Da lässt sich doch noch viel mehr herausholen. Und so wird es anscheinend nicht mehr lange dauern, bis auf dem Vertragsformular der KFZ-Haftpflichtversicherung ein Feld “Bevorzugte Videospiele“ ausgefüllt werden muss.

Heise berichtet nämlich über eine Studie, laut der Jugendliche, die gerne Rennspiele spielen – insbesondere solche, bei denen man aggressiv und rasant fahren muss (z.B. Burnout) – später auch auf der wirklichen Straße einen Hang zu rücksichtslosem Fahrverhalten entwickeln. Auf Heise liest sich das ja noch relativ neutral, aber bereits auf der dort verlinkten Quelle lautet die Überschrift “Computer games may be spawning reckless drivers”.

Jetzt sehen wir mal darüber hinweg, dass die Studie auf Eigenangaben der Jugendlichen basiert. Die Richtung, in die sie weist, ist klar: es wird mal wieder versucht, Ursache und Wirkung zu vertauschen. Es wäre ja auch viel zu logisch, anzunehmen, dass Jugendliche, die ein Faible für rasantes Fahren haben (ob nun bereits persönlich auf der Straße ausgeübt oder nur die vorhandene Veranlagung) sich auch verstärkt für Rennspiele begeistern können.

Auf Basis dieser Logikverrenkung schlage ich nun vor, weitere Studien anzufertigen. So wäre es doch mal interessant, zu wissen, was denn der eine oder andere Jackenhersteller mit seinen Stoffen so seltsames anstellt. Schließlich gibt es die eindeutige Beobachtung, dass Jugendliche, die sich solche Jacken kaufen, später überdurchschnittlich oft radikal fremdenfeindliche Ansichten entwickeln. Ebenso sind Elektrogeräte zur Schädelrasur offenbar für einen ähnlichen Effekt verantwortlich.

Und außerdem führen Regenbogenaufkleber oder -anstecker bekanntlich mit ziemlicher Sicherheit zu einer homosexuellen Neigung, hier sollten Personen in festen Beziehungen aufpassen. Darüber hinaus kann ich nur aus eigener Erfahrung vor dem Erwerb eines Paar Unterarmgehstützen warnen, so ein daraus resultierender Beinbruch tut ganz schön weh. Alles eine Frage der Perspektive…

Wir müssen zahlen für feiste Lügen

Kaum zu glauben, aber wahr: wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, dafür zu bezahlen, Lügen und billige Manipulationen vorgesetzt zu kriegen. So geschehen am 22. Februar in der Sendung Panorama zum Thema “Morden und Foltern als Freizeitspaß – Killerspiele im Internet” (vollständiges Video auf Linkseite). Hochaktuell wird in der (Tot-)Schlagzeile auch das jüngst gekürte “Killerspiel” des Monates aufgegriffen: Sie [die Spiele] heißen “Final Fantasy”, “Der Pate” oder “Call of Duty“. Ihr Ziel ist immer gleich: Menschen jagen, foltern, töten.

Da steckt auch schon die erste freche Behauptung drin, in keinem der genannten Spiele (und auch keinem mir bekannten legal erwerblichen) kann man Menschen oder andere Wesen foltern. Aber wenn man keine Fakten hat, dann erfindet man sich eben welche. Das macht man dann halt so: man interviewt einen eSports-Clan geschlagene fünf Stunden lang, entnimmt dem ganzen aber nur wenige Szenen und rückt diese auch noch absichtlich in ein falsches Licht. Spieleszenen hat ausschließlich die Redaktion beigesteuert, in einer wird stumpf und völlig sinnlos auf eine bereits “tote” Gegnerfigur am Boden geschossen. Dann wird nach einem Schnitt einer der Interviewpartner eingeblendet, wie er lächelnd vor dem Computer sitzt. Nach eigener Aussage hatte dieser sich da aber gerade über ein Mitteilung per Headset amüsiert – wie gesagt, die Spielszenen kamen nicht von den Clanspielern.

Später werden Szenen aus dem Spiel Grand Theft Auto: San Andreas gezeigt, genauer gesagt einer Modifikation davon namens Hot Coffee, die extra heruntergeladen und installiert werden muss, und man findet sie auch garantiert nicht beim Hersteller des Spiels selbst. Es wird dabei von Panorama behauptet, dass Ziel dieses Spiels sei es, möglichst viele Frauen zu vergewaltigen – untermalt wird dies durch das Einspielen des Nirvana-Lieds Rape Me.

Das ist kompletter Mumpitz und an Absurdität kaum noch zu überbieten! Denn insbesondere diese Modifikation ist eigentlich so ziemlich die normalste Aktion, die man im Spiel überhaupt durchführen kann! Im eigentlichen Spiel geht es darum, eine Gangsterkarriere zu durchlaufen, mit Überfällen, Schutzgelderpressung, Prostitution, Autodiebstahl, Drogenhandel, Mord und so weiter. In der Modifikation kann man sich dann mit Frauen treffen, mit ihnen in ein Restaurant ausgehen und sie wieder nach hause bringen. Wenn man dies ein paar mal artig gemacht hat, darf man anschließend auf ein Schäferstündchen reinkommen. Dies wird in einem Minispielchen mit relativ primitiver Grafik (eigene Spielfigur behält die Klamotten an, die Frau besitzt eher Schaufensterpuppencharme) und plumpen Animationen vollzogen. Harmloser geht es kaum. Panorama verteidigt sich damit, dass sie angeblich eine Modifikation der Modifikation gezeigt haben, bei der man eben doch vergewaltigt – nur scheint diese niemand außerhalb der Redaktion zu kennen…

Jegliche Kritik prallt an der Redaktion wirkungslos ab. Die Kommentarfunktion wurde nach kurzer Zeit abgestellt, Hinweise auf die Verstrickung von wirtschaftlichen Interessen des wichtigsten “unabhängigen” Experten werden als absurd dargestellt. Die Beschwerde beim Presserat wird wohl auch im Sande verlaufen, weil dieses Instrument zur Selbstregulierung ein zahnloser Tiger ist…

Zum Abschluss möchte ich nur noch mal einen kleinen Gedankenanstoß geben: wenn bei dieser Thematik so leicht nachweisbar manipuliert wird, kann man da ruhigen Gewissens annehmen, dass bei allen anderen Berichten in dieser und ähnlichen Sendungen stets 100% wahrheitsgemäß berichtet wird?

Killerbücher verbieten!

Wie hätte es anders kommen können, früher oder später musste sich der Papst ja zum Thema “Killerspiele” auch noch zu Wort melden. Es ist also eine Perversion, wenn Filme oder Spiele “im Namen der Unterhaltung Gewalt verherrlichen und antisoziales Verhalten oder die Banalisierung menschlicher Sexualität darstellen“. Nun ja, wie schon öfter gesagt, die Definition für Gewaltverherrlichung ist recht fließend, bei manchen (und da habe ich den Papst insbesondere im Verdacht) reicht da schon jegliche Darstellung von Gewalt.

Ich möchte das hier jetzt nicht zu einem Rundumschlag gegen die katholische Kirche ausarten lassen, deswegen gehe ich jetzt mal näher auf die weltfremden Ansichten des Vatikan zum Beispiel zum Thema Sexualität oder Harry Potter ein. Statt dessen bleibe ich thematisch in der Nähe, wenn es um Darstellungen von Gewalt und Sexualität in den Medien geht. Es gibt da ein recht bekanntes Buch, welches aktiv von der Kirche beworben wird. Ja insbesondere den Jugendlichen wird nahegelegt, sich damit zu beschäftigen.

Und dieses Buch ist voll von dem, was er jetzt gerade in modernen Medien so verabscheut, zum Beispiel etliche Beschreibungen von reichlich grausamen Morden und Massakern. Auch die “Banalisierung der menschlichen Sexualität” kann man dort durchaus finden – wie viele der blumig umschriebenen Schäferstündchen wurden wohl von Eheleuten vollzogen? Es klingt für mich in den meisten Fällen eher nach der “anarchischen Freiheit” der unehelichen Partnerschaft.

Und so findet sich dort auch eine Lösung für Eltern, deren Kinder sich partout nicht von den verbotenen Spielen abbringen lassen: “Wenn jemand einen widerspenstigen und ungehorsamen Sohn hat, der der Stimme seines Vaters und seiner Mutter nicht gehorcht und auch, wenn sie ihn züchtigen, ihnen nicht gehorchen will, so sollen ihn Vater und Mutter ergreifen und zu den Ältesten der Stadt führen und zu dem Tor des Ortes und zu den Ältesten der Stadt sagen: Dieser unser Sohn ist widerspenstig und ungehorsam und gehorcht unserer Stimme nicht und ist ein Prasser und Trunkenbold. So sollen ihn steinigen alle Leute seiner Stadt, daß er sterbe, und du sollst so das Böse aus deiner Mitte wegtun, daß ganz Israel aufhorche und sich fürchte.

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht am helllichten Tage anderen in die Suppe pinkeln…

Killerspiel des Monats

Nein, nicht ich habe dies gewählt, sondern Zeitungen und zeitungsähnliche Magazine! Es handelt sich um das blutrünstige, menschenverachtende, seelenfressende… Final Fantasy VII! Ein japanisches Fantasy-Rollenspiel für die PlayStation 1 (später auch auf PC erschienen). Die USK hat es übrigens ab 12 Jahren freigegeben.

Final Fantasy VII

Wem solche Spiele nicht so vertraut sind: es handelt sich hierbei um ein fantastisches Märchen in Comicgrafik, bei dem man eine epische Geschichte interaktiv miterlebt und dabei immer wieder von rundenbasierten Kämpfen unterbrochen wird. In diesen Kämpfen wartet man, bis eine seiner Figuren an der Reihe ist und wählt dann in einem Menü aus, ob sie mit der Waffe angreifen oder z.B. Magie anwenden soll. Durch die Kämpfe erhält man Erfahrungspunkte, mit denen man die Fähigkeiten seiner Charaktere verbessern kann. Neue Fähigkeiten kriegt man, wenn man gründlich sucht und Geheimnisse knackt. Von vielen wird gerade dieses Spiel als bester Vertreter seines Genres angesehen.

Aber nun ist es ein “Killerspiel”, weil sich zwei durchgeknallte 17-jährige nach zwei von den Bösewichten in dieser Geschichte benannt haben, bevor sie anscheinend aus purer Langeweile Menschen getötet haben. Und weil sich niemand (inklusive der Täter) erklären kann, wie es zu dieser Tat gekommen ist, fand man schnell die einfachste und derzeit recht beliebte Erklärung: Videospiele sind Schuld! Hätten die beiden bloß niemals Final Fantasy VII in die Finger gekriegt, dann wären es jetzt immer noch zwei kreuzbrave zuvorkommende Mustersprösslinge, die mit dem friedlich geklauten Auto auch noch für einen Regenwurm gebremst hätten.

Sehr schön war diese Nachricht auf den RTL-Newseiten formuliert. Leider führen die kein Archiv, verwerfen Meldungen nach einigen Stunden wieder und so kann man es nur auf anderen Seiten zitiert nachlesen: “Die beiden Schüler spielten offenbar das sogenannte Killerspiel Final Fantasy. [...] Psychologen wissen: Kinder verlieren bei solchen Spielen den Bezug zwischen Scheinwelt und Realität…“. Gut, dass sich da alle Psychologen einig sind, fantastische Geschichten sind nichts für Kinder, die sollen Berthold Brecht oder noch besser gleich wissenschaftliche Sachbücher lesen. Und natürlich kriegt man ein bis zwei Klicks weiter im RTL-Shop alles rund um das gefährliche “Killerspiel” angeboten. Man möchte also an der teuflischen Saat mitverdienen, wie scheinheilig…

Das Frühstücksfernsehen von Sat1 findet noch drastischere Worte: Die beiden hätten “offenbar ein brutales Computerspiel nachgespielt”. “Kurz vor den Morden sollen sich die 17-jährigen nur noch mit den Namen der Helden [...] angeredet habenEin Spiel, in dem die Figuren ohne Gnade töten!“. Dazu habe ich mal drei Anmerkungen:

  1. Es handelt es sich bei Sephiroth und Reno nicht um die Helden, sondern wie gesagt um die Bösen, sie können auch nicht gespielt werden.
  2. Die Bilder zum Beitrag stammten von Final Fantasy VII: Advent Children – ein Film! Dieser bezieht sich zwar auf das Spiel (spielt 2 Jahre danach), aber es ist nun mal ein (Killer-?)Film und kein Spiel. Thema verfehlt, 6, setzen!
  3. Wenn die beiden die Handlung aus der Perspektive von Sephiroth nachspielen wollten, hätte das ungefähr so aussehen müssen: sie müssen einen Meteor auf die Erde lenken, damit sich an der Einschlagstelle der Lebensstrom (quasi die Energie der Seelen aller Verstorbenen) des Planeten konzentriert, um die Wunde zu heilen. Dann begeben sich die beiden an diesen Ort, um dort die konzentrierte magische Energie in sich aufzusaugen und das gesamte Leben auf dem Planeten mit sich zu verschmelzen, wodurch eine neue Lebensform entsteht. Ach ja, nicht vergessen, sie hätten auch unglaubliche physische und magische Kräfte, weil ihnen in der Kindheit Zellen einer außerirdischen Lebensform injiziert wurden. Das nachzuspielen halte ich dann doch eher für schwierig.

Die Hetzkampagne gegen Videospiele schwankt zwischen Wahn-, Blöd- und Stumpfsinn. Mit Formulierungen wie “Waren es wieder die Videospiele?” werden automatisch die hanebüchenen Unterstellungen des letzten dümmlichen Beitrags als erwiesen dargestellt. Permanent wird die alte Masche mit dem Wiederholen der ewig gleichen falschen Behauptungen durchgezogen, wenn man es überall und immer wieder nachlesen kann, ist es doch vermutlich wahr, oder nicht?

So ist es kaum noch eine Erwähnung wert, dass Becksteinchen seinen Gesetzesentwurf für das “Killerspiele”-Verbot nun in den Bundesrat eingereicht hat. Auch auf EU-Ebene wird die Kampagne ausgeweitet, mit unterschiedlichem Erfolg. Um dem Ganzen nachdruck zu verleihen, werden “Killerspiele” ständig in einem Atemzug mit Kinderpornographie genannt. Das ist Volksverhetzung reinster Güte und sollte eigentlich als Kriterium für die Amtsniederlegung ausreichen!

Erstaunlicher finde ich nun, dass sich anscheinend schon die Mehrheit der Bevölkerung von der Kampagne verdummen lassen hat. Das erreicht man mit ganz simpler Umfragemanipulation, die erste Frage beschreibt einen Fall von jugendlichem Amoklauf und die nächste bietet eine scheinbare Lösung des Problems durch Verbote an. Um das nochmal ganz klar zu stellen: harte Gewaltspiele sind für Jugendliche bereits heute verboten (außer Final Fantasy VII). Die eigentliche Zielgruppe, nämlich erwachsene Spieler, ist hier angeklagt, weil sie offenbar massenhaft Jugendlichen solche Spiele zur Verfügung stellen, weshalb man auch ihnen diese wegnehmen muss. Die anderen Bezugsquellen, z.B. die Schwarzkopie übers Internet, sind durch das generelle Verbot eh nicht im Geringsten betroffen.

Darüber hinaus muss man sich mal eins vor Augen halten: nehmen wir einfach mal die Absurdität als gegeben an, dass gesunde Menschen durch den Konsum von Gewaltvideospielen zu Mördern werden. Wieviele Menschen sind in den letzten 20 Jahren durch solche Psychopaten umgebracht worden? Wie viele Menschen sind im selben Zeitraum durch Alkoholmissbrauch gestorben? Wie viele Menschen sind im selben Zeitraum bei Autounfällen ums Leben gekommen?

Im Namen des Sicherheit wird ein Bürgerrecht nach dem anderen gestrichen. Überwachungsstaat ist schon beschlossene Sache, der Zensurstaat ist in Arbeit, bald wird es wieder Inoffizielle Mitarbeiter geben, die mal kurz bei Gelegenheit im Medienschrank des Nachbarn unauffällig nach Final Fantasy stöbern…

Killermusik verbieten!

Mit Entsetzen musste ich folgendenden zweiteiligen Bericht ansehen. Dort wird aufgedeckt, wie die Musikmafia unsere Kinder mit schlimmer Heavy Metal Musik zum Satan treiben möchte. Keine Frage, dass diese Musik unbedingt sofort verboten werden muss, wenn wir die Seelen unserer Kinder noch in letzter Sekunde dem Teufel entreissen wollen!

http://www.youtube.com/watch?v=my0K8_bohHw

http://www.youtube.com/watch?v=TJoCFiQxxo8

Das war vor 15 Jahren, und es gibt sehr viele interessante Parallelen – zum Beispiel die Feststellung, dass eine wissenschaftliche Untersuchung völlig überflüssig ist, weil die Auswirkungen auf die Jugend so offensichtlich sind. Ich bin ehrlich gespannt, was in 15 Jahren schuld am Unheil dieser Welt ist, wenn die “Killerspiele” für volksverhetzende Politiker und die Sensationspresse ausgelutscht sind… :)

Kleine Anmerkung: nein, ich bin nicht dafür, dass man solche (teilweise schon krassen) Lieder Kindern vorführen oder zugänglich machen sollte. Eine Indizierung (spricht Werbe- und Vorführverbot) ist hier und da sicher angebracht, und ich als Vater werde sicher aktiv darauf achten, was meine Kinder hören (z.B. “Ihr Kinderlein kommet” in der obigen Fassung sicher nicht). Aber darum geht es in der derzeitigen Killerspieledebatte überhaupt nicht! Es geht nicht um den Schutz der Jugend, es geht darum, Erwachsene zu bevormunden, zu entmündigen und zu kontrollieren. Wir haben das beste Jugendschutzsystem weltweit, ohne Frage, und wo es dennoch umgangen werden kann, erreicht man mit Verboten Null Komma Nichts. Wobei man in dem speziellen Fall “Ihr Kinderlein kommet” durchaus mal den geistigen Gesundheitszustand des Autors prüfen müsste, aber glaubt jemand ernsthaft, durch ein solches Lied wird ein anständiger Bürger zum Kinderschänder?

Übrigens: die Herausforderung zum Zensur- und Bestrafungswettkampf seitens Beckstein hat Schünemann nicht unbeantwortet gelassen. Wo Beckstein lediglich 1 Jahr Knast für Anbieter und Jugendstrafen für Spieler fordert, setzt Schünemann 2 Jahre für Anbieter und 1 Jahr für Spieler entgegen. 1:0 für Schüni, wer bietet mehr? Es werden noch Gebote angenommen, aber nicht überbieten – für die Todesstrafe muss erst noch schnell das Grundgesetz geändert werden!

Beckstein will mich in den Knast stecken

Hinter Gittern

Lange Zeit hat Günther Beckstein mit ansehen müssen, wie dieser aufmüpfige Saupreiß Schünemann in seinem Stammrevier wildert. Ich habe ja schon öfter darüber berichtet, aber jetzt schlägt das große Vorbild zurück! Nein, es reicht nicht mehr nur aus, den Vertrieb und die Herstellung von “Killerspielen” zu verbieten. Wenn es nach ihm geht, wird der Besitz und die Nutzung mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet! Das ist im übrigen das gleiche Strafmaß, welches bisher laut §131 Strafgesetzbuch bei der öffentlichen Verbreitung von Gewaltdarstellungen angesetzt wurde. Bei Videospielen ist der private Genuss offenbar schon einer öffentlichen Vorführung vor Jugendlichen gleichzusetzen.

Er bietet auch eine konkretere Definition von “Killerspielen”: Es handelt sich hierbei um Computerspiele “…die es den Spielern als Haupt- oder Nebenzweck ermöglichen, eine grausame oder die Menschenwürde verletzende Gewalttätigkeit gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen auszuüben.”. Da fallen mir aber eine Menge Spiele ein, die unter diese Beschreibung fallen. Zum Beispiel Sim City 2000, von der USK freigegeben ab 6 Jahren, dort kann man eine Stadt aufbauen und planen. Ist es nicht grausam und gegen die Menschenwürde, wenn man den Bewohnern die Versorgungsleitungen und Zufahrtswege abtrennt, um sie in den Häusern im Dunkeln frieren und verhungern zu lassen? Na dann passt aber spätestens zu der Beschreibung, dass man seine Stadt per Menüauswahl mit explodierenden Atomkraftwerken, Erdbeben und sogar gigantischen Monstern in Schutt und Asche legen kann. Ganz abgesehen davon halte ich es eher (in der Fiktion) für menschenunwürdig, Zombies am Leben zu lassen, anstatt sie von ihrem Elend zu erlösen – aber das wird ja bald unter Strafe verboten…

Natürlich wird nicht gleich die Höchststrafe für Otto-Normal-Killerspieler verhängt, wie Beckstein in einem Interview mit N24 erläuterte. Diese sei für denjenigen reserviert, der “gewerbsmäßig die übelsten Killerspiele auf den Markt bringt.” Gelegenheitsspieler hätten lediglich mit Jugendstrafen zu rechnen. Dazu habe ich drei Fragen, Erstens, wie/wo/wann bringt jemand etwas nicht-gewerbsmäßig auf den Markt? Ich dachte ja immer, Marktwirtschaft funktioniert so, dass jemand etwas auf den Markt bringt, um damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zweitens, soll man jetzt 50-jährige Videospieler (ich kenne persönlich welche, die da zu Becksteins Zielgruppe gehören) per Jugendstrafrecht verurteilen? Drittens, was ist mit den Wiederholungstätern? Kriegen die dann irgendwann anschließende Sicherheitsverwahrung? Denn ich lasse mir garantiert nicht mein Hobby verbieten. Die Freiheit des einen hört auf, wo die Freiheit eines anderen eingeschränkt wird, nicht vorher.

Diese Fixierung auf Spiele nimmt langsam groteske Züge an. So gab es vor kurzem eine Untersuchung, die beweisen sollte, dass Videospiele aggressiv machen können. Der Studio zufolge kann “…schon das Anschauen eines Trailers für Gewalt-Computerspiele eine feindselig getönte Wahrnehmung fördern.” Aha! Ein Trailer zu einem Videospiel, ein Film also, ein nicht-interaktives Medium. Sprich: die Studie führt sich selbst ad absurdum, doch das scheint keiner von denen zu merken.

Naja, ich gehe dann schon mal meinen Koffer packen, mal sehen wie das Essen im Jugendknast so ist. Immerhin bekomme ich dort sicher bald gleichgesinnte Gesellschaft, mit der ich mich ein ganzes Jahr lang ausgiebig über mein Hobby austauschen kann. An alle Killerspieler, die das hier lesen: während ihr noch draußen seid, könnt ihr euch vielleicht noch kurz an der Unterschriftenaktion auf Killerspieleverbieten.de beteiligen? Danke! :)

Hurra! Endlich wieder ein Amoklauf!

So oder so ähnlich könnte es gestern in den Büros von gewissen Politikern geklungen haben. Da ist nämlich mal wieder ein 18-jähriger durchgeknallt und wollte sich an der Welt rächen, wie man sicherlich in allen Nachrichten verfolgen konnte. Und nicht einmal 24 Stunden später sind schon wieder komplett ausgearbeitete Pläne zur Abschaffung von “Killerspielen” auf dem Tisch. Allen voran natürlich unser spezieller Freund Schünemann, der die Gunst der Stunde nutzt, eine Bundesratsinitiative zu starten.

Es reicht ja inzwischen auch der Nachweis, dass die üblichen verdächtigen Computerspiele genutzt wurden, als Beweis für deren Auswirkung aus. Darauf basierend wird eine Stimmung unter dem Motto “Aber jetzt müssen wir endlich handeln!” geschürt. Die eigentliche polizeiliche Untersuchung ist eher unerwünscht, sie könnte ja andere Ursachen für den Geisteszustand des Bengels zu Tage bringen. Oder sogar noch schlimmer, sie könnte die Frage aufwerfen, ob der Gebrauch von gewalttätigen Spielen die Ursache oder eine Ausprägung von echter Gewaltbereitschaft sind. Und das wäre ja für die eilig wiederaufbereiteten politischen Ziele hinderlich, deswegen jetzt: so schnell wie möglich ein Verbot durchsetzen, bevor jemand ernsthaft darüber nachdenken kann!

Zensur 4TW!

Schünemann reloaded

Weiter geht es mit dem etwas anderen Jugendwahn. Nachdem ich ja bereits auf die besondere Ausprägung der Kompetenz hingewiesen habe, die unserem niedersächsischen Innenminister Schünemann (CDU) innewohnt, und trotzdem auch schon die Bundesregierung selbst zu diesem Thema einen Rückzieher gemacht hat, im Zuge dessen sie die Arbeit der USK sogar explizit loben, lässt er sich nicht beirren. Er ist weiterhin fest davon überzeugt, dass die USK Gewaltspiele zu lasch bewertet, um unsere Kinder zu verderben. Deswegen beauftragte er jetzt ein “unabhängiges” Institut damit, die Arbeitsweise der USK anhand von 90 Spielen zu überprüfen. Aber damit noch nicht genug, er möchte auf lange Sicht die Herstellung und Verbreitung von brutalen Spielen in Deutschland komplett verbieten. Sprich: genau das Vorhaben, von dem sich die Bundesregierung kürzlich distanziert hat.

Kleine Randnotiz: vor ein paar Wochen hatte ich ein kurzes Gespräch mit Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, das im Großen und Ganzen recht ergebnislos war – wohl nicht zuletzt, weil es nicht so ganz in sein Ressort fällt. Aber da er nunmal bei einer kleinen SPD-Festivität bei mir im Dorf zu Besuch war, weil er für diesen Wahlkreis Direktkandidat ist, habe ich ihn mal aufgesucht. Zunächst einmal hatte ich Mühe, ihm klar zu machen, dass tatsächlich die Forderung nach komplettem Verbot von Gewaltspielen in öffentlicher Debatte steht. Darauf meinte er nur, das wäre mit der Verfassung nicht vereinbar und “jeder Politiker hat das Recht, auch mal Blödsinn zu reden“. Er weigerte sich aber partout, anzuerkennen, dass eben dieses Vorhaben Teil des Koalitionsvertrags war (damals noch unbestritten) – er war felsenfest davon überzeugt, dass dies nur auf Jugendschutz bezogen war, Erwachsenen könne man so etwas doch nicht verbieten. Aber da mussten wir das Gespräch leider abbrechen, vielleicht hat er zuhause noch mal nachgelesen, aber ich bezweifle es.

Nunja, zurück zu Schünemann, was ist das überhaupt für ein Mensch? Zunächst einmal ist die schon fast klischeehaft zum Killerspiele-Hetzer gehörende Mitgliedschaft im Schützenverein anzumerken. Ich will den Schützenvereinen ja nichts unterstellen, aber es ist schon witzig, wie jemand, der dort Mitglied ist, behaupten kann, man würde mit einem Gamepad oder einer Maus den Umgang mit einer Waffe lernen. Darüber hinaus zeichnet er sich als Hardliner bei der Flüchtlingspolitik aus – Anträge von Einwanderern sind nach ihrer Nützlichkeit für Deutschland zu bewerten, nicht nach den Gründen ihrer Flucht. Man könnte meinen, wir hätten hier eine Art “kleine Version” von Günther Beckstein in der heimischen Landesregierung. Aber er versucht sein offenbares Vorbild mit Forderungen nach elektronischen Fußfesseln ohne richterlichen Beschluss für Verdächtige und Trennung von Flüchtlingskinder von deren Eltern ab dem 15. Lebensjahr sogar noch zu übertreffen.

Und dann noch etwas zum “unabhängigen” Institut namens Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (KfN). Dessen Direktor, Professor Doktor Christian Pfeiffer, ist hinlänglich als Gewaltspielekritiker bekannt. Interessant fand ich zum Beispiel folgendes Zitat, auf die Frage, was er zuletzt gespielt habe: “Ich spiele nie! Doch, ich habe Counterstrike gespielt und all das gesehen, was der Jugendliche aus Erfurt gespielt hatte. Es war ziemlich zum Kotzen.“. Ich bin mir sicher, er versteht sich gut mit Schünemann.

Die USK hat inzwischen auch geantwortet, natürlich mit Unverständnis. Unter anderem gehen sie dabei auf die Aussagen von Pfeiffer ein, dass gewaltverherrlichende Spiele auf dem deutschen Markt frei verkäuflich seien. Diese sind aber nach §131 des Strafgesetzbuches längst verboten, er solle doch Anzeige erstatten, wenn er solche Spiele entdeckt hätte. Die Frage ist aber eher, was bezeichnet dieser Mensch als gewaltverherrlichend? Vermutlich alles, wo Blut zu sehen ist, wenn er das relativ harmlose Counterstrike schon ziemlich zum Kotzen fand. Der Begriff ist aber fest definiert und steht nicht zur freien Verfügung, um damit ein Produkt seiner Wahl als Unantastbar zu brandmarken.

Wenn die Geschichte der letzten paar tausend Jahre irgendetwas bewiesen hat, dann das: Gewalt liegt in der Natur des Menschen. Es ist nicht möglich, diese durch idealisierte Gesellschaftsbilder wegzudefinieren. Man muss nur darauf achten, wie damit umgegangen wird. Wenn diese dazu führt, dass Lebewesen zu Schaden kommen, sollte man dies natürlich so gut es geht verhindern. Aber wenn erwachsene Menschen gewalttätige Spiele spielen oder Filme gucken, bedeutet das noch lange nicht, dass sie diese Gewalt nach außen tragen. Die paar kranken Geister, die sich davon Inspiration für wirkliche Taten holen, werden auch nicht durch Verbot von Medien zu friedliebenden Mitbürgern mutieren, selbst wenn diese Verbote sie irgendwie davon abhalten würden, was stark zu bezweifeln ist. Auch Jugendliche, die die Regelungen des Jugendschutz mit oder ohne Hilfe (bzw. Ignoranz) der Eltern umgehen, würde ein Verbot nicht im Geringsten tangieren – im Gegenteil, es würde den Reiz nur verstärken. Man bestraft einzig und allein die Gruppe von Menschen, die damit problemlos umgehen können. Zum Glück scheint dies zumindest die Bundesregierung eingesehen zu haben, aber Schünemann erweist sich als äußerst erkenntnisresistent.

Schlag ins Gesicht für Beckstein und Konsorten

(Und zwar aus den eigenen Reihen) Heute kam eine schöne Nachricht auf heise online: Bundesregierung sieht keinen Bedarf für Verbot von “Killerspielen”. Es handelt sich dabei um die Stellungnahme zu einer sogenannten Kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion. Hiermit wurde der entsprechende Absatz im schwarz-roten Koalitionsvertrag (PDF, Seite 124) quasi gestrichen und die bestehenden Maßnahmen zum Jugendschutz ausdrücklich gelobt.

Dies ist ein schöner Dämpfer für Beckstein (CSU), Schünemann (CDU) , Busemann (CDU), Eichhorn (CSU) und andere Populisten (CDU). Insbesondere weil es schließlich (unter anderem) aus den eigenen Reihen kommt, da ja die CDU/CSU nicht unerheblich an der Bundesregierung beteiligt ist.

Ein Innenminister demonstriert Inkompetenz

Der Spiegel berichtet über unseren (also jedenfalls meinen) niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) zum Thema Jugendschutz. Dieser hatte das Bedürfnis, eine Stellungnahme abzugeben, wie sie in den letzten Jahren in nahezu identischer Form auch bereits von diversen anderen Ministern und Ministerpräsidenten zu hören war. Analysieren wir diese mal repräsentativ für alle anderen:

  • Schünemann hält es für unsinnig, sein Handeln auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stützen. Als “Beweis” für den unaufschiebbaren Handlungsbedarf zieht er das populäre Beispiel Erfurt 2002 an. Blöd dabei ist nur, dass die Geschichte mit der Counterstrikevorliebe des Erfurt-Attentäters eine Erfindung der Presse war – die Polizei hat ausgesagt, dass er nicht einmal einen Internetanschluss hatte, geschweige denn Counterstrike auf der Festplatte. So formt die Bild-Zeitung die öffentliche Meinung bis “hinauf” ins Ministerium…
  • Schünemann setzt extreme Gewaltdarstellungen in Spielen mit Kinderpornografie in Zusammenhang. Er vermeidet natürlich penibel den direkten Vergleich, den könnte man zu schnell widerlegen, aber er möchte dennoch gerne Parallelen ziehen. Ebensogut könnte ich schreiben: “Genauso wie die Politik von Adolf Hitler stößt die Politik von Uwe Schünemann nicht immer auf Gegenliebe.” Aber so etwas würde ich natürlich niemals tun…
  • Schünemann behauptet, dass die Arbeit der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) für den Jugendschutz unzureichend ist. Als Begründung dient ihm dafür, dass die USK bisher 3500 Spiele getestet hätte und nur 23 davon (“nicht genügend”) wären mit dem Ergebnis “Keine Kennzeichnung” versehen worden. Dieses ist die Vorraussetzung dafür, dass ein Spiel indiziert und somit quasi vom Markt genommen werden darf. Die USK weiß hingegen nicht, wo der Minister diese Zahlen hernimmt, sie hätten nämlich insgesamt über 15000 Spiele geprüft und davon wurden 91 die Kennzeichnung verweigert (40 alleine 2005). Und ich frage mich darüber hinaus: muss denn hier eine gewisse Quote erfüllt werden? So nach dem Motto: “Und wenn nicht genügend Gewaltspiele erscheinen, verbieten wir einfach ein paar Hüpfspiele!”? Aber wie er schon über sich selbst sagt: er ist kein Experte…
  • Schünemann sieht ein großes Problem in dem Phänomen, dass mehr und mehr Menschen online, also mit- bzw. gegeneinander im Internet spielen. Er kann kein Beispiel nennen, was daran gefährlich sein soll, aber es ist problematisch. Inspiriert haben ihn zu dieser Gefahrenwitterung die Berichte des Magazins Frontal 21, dessen populistische Hetztiraden das Internet letztes und vorletztes Jahr zum Kochen gebracht haben. Ein altes Sprichwort sagt: “Was der Bauer nicht kennt, fährt er mit dem Trecker platt!”, oder so ähnlich…
  • Schünemann sagt, man müsse die Arbeit der USK von Zeit zu Zeit kontrollieren. Damit beweist er dann endgültig, dass er sich mit dem Thema nicht richtig beschäftigt hat. Denn wie die USK natürlich darauf erwidert, wird sie durch die Landesjugendbehörden sowieso ständig überwacht. Außerdem weist sie freundlich darauf hin, dass das Thema Jugendschutz ohnehin nicht zum Aufgabengebiet des Innen- sondern des Jugendministers fällt. Aber vielleicht ist dieser zu beschäftigt, um mit populistischem Gesülze auf Wählerstimmenfang unter den verunsicherten, hauptsächlich älteren Bevölkerungsgruppen zu gehen…

Wie ich bereits sagte, diese Geschichte unterscheidet sich so gut wie gar nicht von den Aussagen z.B. eines Günther Beckstein, weder in den Kernaussagen noch in der Qualität der Recherchen. Kritik prallt an diesen Personen ab, wird als Lobbyarbeit der Videospielemafia angesehen, die unsere Kinder mit möglichst blutrünstigen Spielen in die Arme des Teufels locken will. Alleine schon der Hinweis, dass die Begriffe “Video-/Computerspiele” und “Kinder” nicht immer untrennbar miteinander verbunden sind, ist offensichtlich sehr schwer aufzunehmen.