Der Hund hat die Geheimakte gefressen

Naja, genauer gesagt war es der Datensicherungsroboter, echt ehrlich, nicht gelogen oder so! Das versichert uns zumindest Staatssekretär Pinoc… äh… Peter Wichert. Die gesamten Geheimdienstinformationen der Bundeswehr von 1999 bis 2003 sind so rein zufällig vernichtet worden. Es wurde “auf Grund der Speicherkapazität des Datensicherungsroboters” nur eine einzige Sicherheitskopie der Daten auf Bänder gespeichert. “Weitere Sicherungskopien waren nicht realisierbar” – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, nicht realisierbar!

Dabei ist das Thema Datensicherung wohl erforscht und es gibt einfache Strategien, um Datenverlust zu vermeiden. Man könnte zumindest meinen, dass bei solch sensiblen Daten keine Mühen gescheut werden. Bei anderen Systemen wird der Datenverlust einer Woche als GAU bezeichnet, und wir sprechen von 5 Jahren! Hier übrigens ein Archivfoto des besagten Datensicherungsroboters:

Datensicherungsroboter

Ausgerechnet die vom Verteidigungsausschuss angeforderten Daten zum brisanten Fall Murat Kurnaz sind also unwiederbringlich verloren. Diese hätten Bundeswehr und Regierung schwer belasten und in Erklärungsnot bringen können. Wer hier an Zufall glaubt, glaubt auch noch an den Weihnachtsmann.

Von den Bürgern muss neuerdings jeder Kontakt zur Außenwelt aufgezeichnet und akribisch archiviert werden. Datenkrake Schäuble spricht gar davon, dass die Überwachung der Privat-PCs lebensnotwendig sei. Da fragt man sich glatt, wie wir die letzten Jahrzehnte überleben konnten. Aber die Machenschaften des Staates gehen den Bürger nichts an, da gehen notfalls Daten zeitnah zufällig verloren.

Hurra, wir sind reich!

Und das beste ist: damit meine ich alle Deutschen – ja, auch (falls zutreffend) dich! Das teilt uns jedenfalls die Bundesbank mit. Rechnerisch besitzt ein jeder Haushalt somit 200.000€ Reinvermögen – fast doppelt so viel wie vor 15 Jahren. Wenn ich hiermit durch bin, husche ich gleich mal rüber zu eBay und gebe gleich einen guten Teil meines neuen Reichtums aus.

Nunja, aber wenn man diese Logik der Bundesbank weiterverfolgt…

  • trinkt jeder einzelne von uns 115,5 Liter Bier im Jahr – da haben besonders meine beiden kleinen dieses Jahr aber noch einiges nachzuholen – gleich morgen zum Frühstück gehts los. Und dabei hasse ich Bier! *igittigitt* Aber was sein muss, muss sein…
  • können wir Geburtstage von nun an ruhig vergessen – wir sind nämlich jetzt allesamt 42,6 Jahre alt – auch mein Sohn, obwohl der erst gestern seinen sechsten Geburtstag gefeiert hat. Aber eine gute Nachricht: wir werden derzeit auch nur langsam älter und eventuell irgendwann sogar wieder jünger. \o/
  • sind wir von nun an 180,2 cm groß – wenn euch auf der Straße jemand begegnet, der größer oder kleiner erscheint, ist das eine optische Täuschung.
  • trägt jeder einzelne von uns 0,5% Krebs in sich und sollte dringend mal zur Bestrahlung!

Diese Liste ließe sich noch endlos weiterführen, da kann sich jeder seinen eigenen Spaß mit der Statistik ausdenken – die Bundesbank hat sich für die Finanzen entschieden, und darüber fällt mir das Lachen gelegentlich sehr schwer. Völlig außer Acht gelassen hat sie in ihrem Bericht übrigens, dass die unteren 50% der Bevölkerung lediglich 4% dieses ausufernden Vermögens besitzt, während sich die oberen 10% vom gesamten Kuchen fast die Hälfte (47%) abschneiden – Tendenz: stark weiter auseinanderdriftend.

Den Jubelton der Bundesbank (Aufschwung macht Deutsche reicher) kann man also getrost als Verarsche und Lachen ins eigene wohlgenährte Fäustchen auf Kosten der Bevölkerungsmehrheit ansehen. Jetzt denkt sich natürlich der Besserverdienende: das ist doch nur der Neid der Besitzlosen. Aber das Problem sitzt viel tiefer als pure Konsumgeilheit, die die finanziellen Verhältnisse übersteigt. Deutschland wird seit einigen Jahren systematisch Stück für Stück auseinandergenommen und verkauft – und zwar von Politikern, die das Offensichtliche auch noch ungeniert verleugnen (siehe hier Punkt 7).

Politikverdrossenheit aus Gesundheitsgründen

Die Stimmung in einem wachsenden Teil der Bevölkerung, zu dem ich mich auch zähle, wird gerne mit diesem Totschlagwort abgetan. Was soll’s, die Leute sind halt faul und interessieren sich nur für die eigenen Belange. Ich kann ja nur für mich sprechen, und in meinem Fall ist das purer Selbstschutz! Wann auch immer ich mich mit der Politik in Bund und Ländern beschäftige, steigen Blutdruck, Herzinfarktrisiko und Magengeschwürwahrscheinlichkeit rapide an.

Sei es die fortschreitende Einrichtung des Überwachungsstaats, die mutwillige Zerstörung der staatlichen Rente (und die neueste Masche: jetzt wird die Pflegeversicherung kaputt geredet), natürlich der Evergreen Killerspieldebatte, die Patientenabzocke Gesundheitsreform, dem Aufschwung für die Oberschicht – wohin man auch blickt, man sieht nichts als Trümmer. Besonders deutlich machte es vor kurzem Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit seiner Forderung nach Lohnsteuersenkung. Das ist nichts geringeres als ein Schlag mit Anlauf in die Fresse für alle Erwerbslosen und Geringverdiener, denen zuvor das Geld mit der Mehrwertsteuererhöhung aus der Tasche gezogen wurde, welches nun wenige Monate später vornehmlich an Besserverdienende ausgeschüttet werden sollte. Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte…

Deutschland auf Halbmast

Wer sich das Elend noch ansehen kann, darf hier klicken, um weiter zu lesen.

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Stell dir mal vor…

…jemand hängt heimlich ans schwarze Brett im Kindergarten einen Zettel, auf dem steht: “Horst-Patrick Schulze ist ein Vollidiot!” Dann geht alles seinen normalen Lauf: die Eltern von Horst-Patrick entdecken zufällig den Zettel und verklagen den Kindergarten auf Unterlassung. Die Leitung der Kindertagesstätte muss sich anschließend vor Gericht wegen Beleidigung verantworten.

Halt, Moment! Das ist doch völlig bekloppt!? Natürlich wird der Zettel einfach abgehängt, und Anzeige (wenn es denn wirklich sein muss) gegen Unbekannt erhoben! Tjaha, das mag im Falle des schwarzen Brett sogar (noch) so sein, gilt aber offenbar nicht mehr für das Internet! Wer dort ein Forum betreibt, steht derzeit eigentlich schon mit einem Bein im Knast.

Im andauernden Rechtsstreit um die Forenhaftung hat jetzt das Landgericht Hamburg bestätigt, dass Betreiber von Foren für jeden einzelnen Beitrag darin unmittelbar verantwortlich sind. Es reicht nicht aus, einen rechtswidrigen Beitrag zu entfernen, sobald man selbst oder durch Hinweise darauf aufmerksam wurde. Rechtlich sind die Foren eingestuft worden als “journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags“. Um ein Forum ordentlich zu betreiben, muss der Forenbetreiber (Herausgeber?) also genügend Moderatoren (Chefredakteure?) einstellen, um jeden einzelnen Beitrag vor Veröffentlichung gründlich auf Rechtsverstöße zu prüfen – Jurastudium natürlich vorausgesetzt.

Solange solche Richter, die das Internet offensichtlich nur vom Hörensagen (groß, böse, gefährlich) kennen, solche Fälle entscheiden dürfen, bleibt es ein Paradies für “Rechts”anwälte, die ihr Geschäftsmodel darauf aufbauen, Privatpersonen finanziell zu ruinieren, sobald diese einen der zig tausend Paragraphen nicht beachtet haben.

Dejustitia

Paradebeispiel für die Politik der Angst

Erinnert sich noch jemand an die Vogelgrippe? Schon wieder vergessen? Ist auch besser so! Denn wie sich eigentlich schon recht früh abzeichnete, und jetzt sehr schön von den NachDenkSeiten zusammengefasst wurde, war das nämlich eine komplette Luftnummer.

Es demonstriert aber wunderbar, wie Medien und Politik in den letzten Jahren in Deutschland verstärkt mit der Angst arbeiten. Das Interesse der Medien ist klar, es erhöht die Auflagen und Einschaltquoten – aber warum fördern Politiker solche eine Atmosphäre? Ganz simpel: solange man Menschen bei ihren Ängsten packen und sie damit beim wahrsten Sinne des Wortes fesseln kann, hat man sie besser unter Kontrolle. Sie verlieren den Blick für die wirklichen Missstände und lassen sich von schnöden Pharmaprodukten (wie in diesem Fall) bis hin zu zwielichtigen politischen Winkelzügen absolut alles andrehen.

Vergesst nicht, auch Politiker sind interessiert an den Einkünften bestimmter Branchen oder konkreter Firmen. So wie sich zum Beispiel ein Otto Schily jahrelang für biometrische Ausweise und andere “Sicherheitsmaßnahmen” eingesetzt hat, und sich jetzt mit den Früchten seiner Arbeit den Allerwertesten vergolden lässt. Ich bin sehr gespannt, wo Schäuble so nach seiner Politikkarriere landet.

Ich kann nur jedem empfehlen, sich Bowling for Columbine einmal anzusehen. Dort wird beschrieben, wie die Angstkultur in den USA schon viel länger und intensiver gepflegt wird, mit dem Effekt, dass sich die Leute dort rund 10 mal so oft gegenseitig umbringen wie im Rest der Welt. Jedes Jahr hat man dort solche Weltuntergangsszenarien – Killerbienen, Killerameisen, Killerbakterien und so weiter und so fort…

Dazu habe ich eigentlich nur noch folgenden Tipp aus einem bekannten intergalaktischen Bestseller:

Don't panic!

Wo finden die Geldverbrennungen statt?

Liebe Leser, vielleicht könnt ihr mir ja helfen. Ich suche den Ort und Termin der nächsten öffentlichen Geldverbrennung hier in meiner Nähe. Ich bin mir sehr sicher, dass so etwas stattfindet, wie sollen denn sonst jährlich dreistellige Millionenbeträge sang- und klanglos verschwinden? Das ist nämlich die Summe, die der Musikindustrie und dem Staat Jahr für Jahr durch die Lappen geht, weil die Leute die Musik in Tauschbörsen herunterladen.

Und weil die Tauschbörsen auch den bösen Raubkopierern(tm) keine Einnahmen bringen, und das Geld auch nicht legal anderweitig ausgegeben wird (sonst würde es dem Staat nicht verloren gehen), wird es also unzweifelhaft vernichtet. Wie schafft man solche Summen aus dem Verkehr, noch dazu, wo es eine Vielzahl von Kleinbeträgen ist? Und einem Wildfremden würde man sein Geld auch nicht einfach geben, sonst gibt er es noch selbst aus oder spendet es für hilfsbedürftige Kinder. Also müssen es öffentliche Verbrennungen sein, so dass auch jeder sicher sein kann, dass es pfutsch ist.

Leider wurde ich bisher noch nicht zu einer solchen eingeladen. Also, kann mir da jemand eine Tipp geben? Ich würde mir das Spektakel gerne mal ansehen.

Hurra! Endlich wieder ein Amoklauf!

So oder so ähnlich könnte es gestern in den Büros von gewissen Politikern geklungen haben. Da ist nämlich mal wieder ein 18-jähriger durchgeknallt und wollte sich an der Welt rächen, wie man sicherlich in allen Nachrichten verfolgen konnte. Und nicht einmal 24 Stunden später sind schon wieder komplett ausgearbeitete Pläne zur Abschaffung von “Killerspielen” auf dem Tisch. Allen voran natürlich unser spezieller Freund Schünemann, der die Gunst der Stunde nutzt, eine Bundesratsinitiative zu starten.

Es reicht ja inzwischen auch der Nachweis, dass die üblichen verdächtigen Computerspiele genutzt wurden, als Beweis für deren Auswirkung aus. Darauf basierend wird eine Stimmung unter dem Motto “Aber jetzt müssen wir endlich handeln!” geschürt. Die eigentliche polizeiliche Untersuchung ist eher unerwünscht, sie könnte ja andere Ursachen für den Geisteszustand des Bengels zu Tage bringen. Oder sogar noch schlimmer, sie könnte die Frage aufwerfen, ob der Gebrauch von gewalttätigen Spielen die Ursache oder eine Ausprägung von echter Gewaltbereitschaft sind. Und das wäre ja für die eilig wiederaufbereiteten politischen Ziele hinderlich, deswegen jetzt: so schnell wie möglich ein Verbot durchsetzen, bevor jemand ernsthaft darüber nachdenken kann!

Zensur 4TW!

Schünemann reloaded

Weiter geht es mit dem etwas anderen Jugendwahn. Nachdem ich ja bereits auf die besondere Ausprägung der Kompetenz hingewiesen habe, die unserem niedersächsischen Innenminister Schünemann (CDU) innewohnt, und trotzdem auch schon die Bundesregierung selbst zu diesem Thema einen Rückzieher gemacht hat, im Zuge dessen sie die Arbeit der USK sogar explizit loben, lässt er sich nicht beirren. Er ist weiterhin fest davon überzeugt, dass die USK Gewaltspiele zu lasch bewertet, um unsere Kinder zu verderben. Deswegen beauftragte er jetzt ein “unabhängiges” Institut damit, die Arbeitsweise der USK anhand von 90 Spielen zu überprüfen. Aber damit noch nicht genug, er möchte auf lange Sicht die Herstellung und Verbreitung von brutalen Spielen in Deutschland komplett verbieten. Sprich: genau das Vorhaben, von dem sich die Bundesregierung kürzlich distanziert hat.

Kleine Randnotiz: vor ein paar Wochen hatte ich ein kurzes Gespräch mit Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, das im Großen und Ganzen recht ergebnislos war – wohl nicht zuletzt, weil es nicht so ganz in sein Ressort fällt. Aber da er nunmal bei einer kleinen SPD-Festivität bei mir im Dorf zu Besuch war, weil er für diesen Wahlkreis Direktkandidat ist, habe ich ihn mal aufgesucht. Zunächst einmal hatte ich Mühe, ihm klar zu machen, dass tatsächlich die Forderung nach komplettem Verbot von Gewaltspielen in öffentlicher Debatte steht. Darauf meinte er nur, das wäre mit der Verfassung nicht vereinbar und “jeder Politiker hat das Recht, auch mal Blödsinn zu reden“. Er weigerte sich aber partout, anzuerkennen, dass eben dieses Vorhaben Teil des Koalitionsvertrags war (damals noch unbestritten) – er war felsenfest davon überzeugt, dass dies nur auf Jugendschutz bezogen war, Erwachsenen könne man so etwas doch nicht verbieten. Aber da mussten wir das Gespräch leider abbrechen, vielleicht hat er zuhause noch mal nachgelesen, aber ich bezweifle es.

Nunja, zurück zu Schünemann, was ist das überhaupt für ein Mensch? Zunächst einmal ist die schon fast klischeehaft zum Killerspiele-Hetzer gehörende Mitgliedschaft im Schützenverein anzumerken. Ich will den Schützenvereinen ja nichts unterstellen, aber es ist schon witzig, wie jemand, der dort Mitglied ist, behaupten kann, man würde mit einem Gamepad oder einer Maus den Umgang mit einer Waffe lernen. Darüber hinaus zeichnet er sich als Hardliner bei der Flüchtlingspolitik aus – Anträge von Einwanderern sind nach ihrer Nützlichkeit für Deutschland zu bewerten, nicht nach den Gründen ihrer Flucht. Man könnte meinen, wir hätten hier eine Art “kleine Version” von Günther Beckstein in der heimischen Landesregierung. Aber er versucht sein offenbares Vorbild mit Forderungen nach elektronischen Fußfesseln ohne richterlichen Beschluss für Verdächtige und Trennung von Flüchtlingskinder von deren Eltern ab dem 15. Lebensjahr sogar noch zu übertreffen.

Und dann noch etwas zum “unabhängigen” Institut namens Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (KfN). Dessen Direktor, Professor Doktor Christian Pfeiffer, ist hinlänglich als Gewaltspielekritiker bekannt. Interessant fand ich zum Beispiel folgendes Zitat, auf die Frage, was er zuletzt gespielt habe: “Ich spiele nie! Doch, ich habe Counterstrike gespielt und all das gesehen, was der Jugendliche aus Erfurt gespielt hatte. Es war ziemlich zum Kotzen.“. Ich bin mir sicher, er versteht sich gut mit Schünemann.

Die USK hat inzwischen auch geantwortet, natürlich mit Unverständnis. Unter anderem gehen sie dabei auf die Aussagen von Pfeiffer ein, dass gewaltverherrlichende Spiele auf dem deutschen Markt frei verkäuflich seien. Diese sind aber nach §131 des Strafgesetzbuches längst verboten, er solle doch Anzeige erstatten, wenn er solche Spiele entdeckt hätte. Die Frage ist aber eher, was bezeichnet dieser Mensch als gewaltverherrlichend? Vermutlich alles, wo Blut zu sehen ist, wenn er das relativ harmlose Counterstrike schon ziemlich zum Kotzen fand. Der Begriff ist aber fest definiert und steht nicht zur freien Verfügung, um damit ein Produkt seiner Wahl als Unantastbar zu brandmarken.

Wenn die Geschichte der letzten paar tausend Jahre irgendetwas bewiesen hat, dann das: Gewalt liegt in der Natur des Menschen. Es ist nicht möglich, diese durch idealisierte Gesellschaftsbilder wegzudefinieren. Man muss nur darauf achten, wie damit umgegangen wird. Wenn diese dazu führt, dass Lebewesen zu Schaden kommen, sollte man dies natürlich so gut es geht verhindern. Aber wenn erwachsene Menschen gewalttätige Spiele spielen oder Filme gucken, bedeutet das noch lange nicht, dass sie diese Gewalt nach außen tragen. Die paar kranken Geister, die sich davon Inspiration für wirkliche Taten holen, werden auch nicht durch Verbot von Medien zu friedliebenden Mitbürgern mutieren, selbst wenn diese Verbote sie irgendwie davon abhalten würden, was stark zu bezweifeln ist. Auch Jugendliche, die die Regelungen des Jugendschutz mit oder ohne Hilfe (bzw. Ignoranz) der Eltern umgehen, würde ein Verbot nicht im Geringsten tangieren – im Gegenteil, es würde den Reiz nur verstärken. Man bestraft einzig und allein die Gruppe von Menschen, die damit problemlos umgehen können. Zum Glück scheint dies zumindest die Bundesregierung eingesehen zu haben, aber Schünemann erweist sich als äußerst erkenntnisresistent.

Schlag ins Gesicht für Beckstein und Konsorten

(Und zwar aus den eigenen Reihen) Heute kam eine schöne Nachricht auf heise online: Bundesregierung sieht keinen Bedarf für Verbot von “Killerspielen”. Es handelt sich dabei um die Stellungnahme zu einer sogenannten Kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion. Hiermit wurde der entsprechende Absatz im schwarz-roten Koalitionsvertrag (PDF, Seite 124) quasi gestrichen und die bestehenden Maßnahmen zum Jugendschutz ausdrücklich gelobt.

Dies ist ein schöner Dämpfer für Beckstein (CSU), Schünemann (CDU) , Busemann (CDU), Eichhorn (CSU) und andere Populisten (CDU). Insbesondere weil es schließlich (unter anderem) aus den eigenen Reihen kommt, da ja die CDU/CSU nicht unerheblich an der Bundesregierung beteiligt ist.

Ein Innenminister demonstriert Inkompetenz

Der Spiegel berichtet über unseren (also jedenfalls meinen) niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) zum Thema Jugendschutz. Dieser hatte das Bedürfnis, eine Stellungnahme abzugeben, wie sie in den letzten Jahren in nahezu identischer Form auch bereits von diversen anderen Ministern und Ministerpräsidenten zu hören war. Analysieren wir diese mal repräsentativ für alle anderen:

  • Schünemann hält es für unsinnig, sein Handeln auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stützen. Als “Beweis” für den unaufschiebbaren Handlungsbedarf zieht er das populäre Beispiel Erfurt 2002 an. Blöd dabei ist nur, dass die Geschichte mit der Counterstrikevorliebe des Erfurt-Attentäters eine Erfindung der Presse war – die Polizei hat ausgesagt, dass er nicht einmal einen Internetanschluss hatte, geschweige denn Counterstrike auf der Festplatte. So formt die Bild-Zeitung die öffentliche Meinung bis “hinauf” ins Ministerium…
  • Schünemann setzt extreme Gewaltdarstellungen in Spielen mit Kinderpornografie in Zusammenhang. Er vermeidet natürlich penibel den direkten Vergleich, den könnte man zu schnell widerlegen, aber er möchte dennoch gerne Parallelen ziehen. Ebensogut könnte ich schreiben: “Genauso wie die Politik von Adolf Hitler stößt die Politik von Uwe Schünemann nicht immer auf Gegenliebe.” Aber so etwas würde ich natürlich niemals tun…
  • Schünemann behauptet, dass die Arbeit der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) für den Jugendschutz unzureichend ist. Als Begründung dient ihm dafür, dass die USK bisher 3500 Spiele getestet hätte und nur 23 davon (“nicht genügend”) wären mit dem Ergebnis “Keine Kennzeichnung” versehen worden. Dieses ist die Vorraussetzung dafür, dass ein Spiel indiziert und somit quasi vom Markt genommen werden darf. Die USK weiß hingegen nicht, wo der Minister diese Zahlen hernimmt, sie hätten nämlich insgesamt über 15000 Spiele geprüft und davon wurden 91 die Kennzeichnung verweigert (40 alleine 2005). Und ich frage mich darüber hinaus: muss denn hier eine gewisse Quote erfüllt werden? So nach dem Motto: “Und wenn nicht genügend Gewaltspiele erscheinen, verbieten wir einfach ein paar Hüpfspiele!”? Aber wie er schon über sich selbst sagt: er ist kein Experte…
  • Schünemann sieht ein großes Problem in dem Phänomen, dass mehr und mehr Menschen online, also mit- bzw. gegeneinander im Internet spielen. Er kann kein Beispiel nennen, was daran gefährlich sein soll, aber es ist problematisch. Inspiriert haben ihn zu dieser Gefahrenwitterung die Berichte des Magazins Frontal 21, dessen populistische Hetztiraden das Internet letztes und vorletztes Jahr zum Kochen gebracht haben. Ein altes Sprichwort sagt: “Was der Bauer nicht kennt, fährt er mit dem Trecker platt!”, oder so ähnlich…
  • Schünemann sagt, man müsse die Arbeit der USK von Zeit zu Zeit kontrollieren. Damit beweist er dann endgültig, dass er sich mit dem Thema nicht richtig beschäftigt hat. Denn wie die USK natürlich darauf erwidert, wird sie durch die Landesjugendbehörden sowieso ständig überwacht. Außerdem weist sie freundlich darauf hin, dass das Thema Jugendschutz ohnehin nicht zum Aufgabengebiet des Innen- sondern des Jugendministers fällt. Aber vielleicht ist dieser zu beschäftigt, um mit populistischem Gesülze auf Wählerstimmenfang unter den verunsicherten, hauptsächlich älteren Bevölkerungsgruppen zu gehen…

Wie ich bereits sagte, diese Geschichte unterscheidet sich so gut wie gar nicht von den Aussagen z.B. eines Günther Beckstein, weder in den Kernaussagen noch in der Qualität der Recherchen. Kritik prallt an diesen Personen ab, wird als Lobbyarbeit der Videospielemafia angesehen, die unsere Kinder mit möglichst blutrünstigen Spielen in die Arme des Teufels locken will. Alleine schon der Hinweis, dass die Begriffe “Video-/Computerspiele” und “Kinder” nicht immer untrennbar miteinander verbunden sind, ist offensichtlich sehr schwer aufzunehmen.